Bergschadensregulierung
Die „Stabsstelle Bergschäden“ beim Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft informiert:
In letzter Zeit sind in der bergbaulich betroffenen Region unvermindert bergbauliche Fragen, insbesondere Nachwirkungen des früheren Bergbaus in aller Munde. Insbesondere fragen sich viele, welche Ansprüche gegen das Bergbauunternehmen (noch) bestehen, welche gefährdet sind (etwa wegen drohender Verjährung) und was man jetzt tun sollte.
Nochmals zu den wesentlichen bergbaubedingten Einwirkungen: Hier muss man schon wegen der unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen begrifflich unterscheiden zwischen
- Bergschäden: hierzu gehören insbesondere die „normalen“ Bergschäden etwa an einer Gebäudesubstanz, die Gebäudeschieflagen und die merkantilen Minderwerte an Gebäuden und den
- sonstigen bergbaulichen Einwirkungen, die eben keine Bergschäden sind: Hierzu gehören die Einbußen an der Lebens- und Wohnqualität, die etwa resultierten aus den früheren bergbaubedingten Erschütterungen.
Verjährung:
Zum Jahresende 2011 droht lediglich die Verjährung bisher nicht angemeldeter Ansprüche wegen Bergschäden (zum Begriff siehe oben!), die irgendwann während des Jahres 2008 entstanden sind und die schon damals offen und sichtbar zu Tage getreten waren.
Es droht also keine Verjährung wegen Bergschäden, die man erst später entdeckt hat oder noch entdeckt (es sei denn, die bergbauliche Aktivität wurde in der betreffenden Region schon vor 30 Jahren beendet)! Und ältere, seit je sichtbare Schäden von vor 2008 sind ohnehin schon verjährt, wenn man bisher nichts angemeldet hat. In diesem Fall nutzt auch eine Aktivität vor Jahresende nichts mehr! Wenn Schäden aus der Zeit vor 2008 rechtzeitig, also binnen 3 Jahren nach Entdeckung der RAG gemeldet wurden, verjährt selbst hier nichts, solange die Verhandlungen noch im Gange sind.
Also: Wer von Anbeginn sichtbare Schäden aus bergbaulichen Einwirkungen – gleich ob aus Erschütterungen oder aus „klassischen“ Bodensetzungen – des Jahres 2008 hat und noch nicht gemeldet hat, sollte diese vor Jahresende bei der RAG pauschal anmelden, etwa mit folgendem einfachen und bewusst allgemein gehaltenem Schreiben:
(Name, Adresse des Absenders) (Datum)
RAG Deutsche Steinkohle
B GB 2
Postfach 102652
66026 Saarbrücken
Anmeldung von Bergschadensersatzansprüchen gegen Ihr Unternehmen
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit melde(n) ich/wir die Geltendmachung aller denkbaren Ansprüche wegen Bergschäden aller Gattungen gegen das Unternehmen RAG an. Ich/Wir bitte(n) um eine Bestätigung dieser Anmeldung.
(Unterschriften aller Eigentümer)
Anmelden können solche Ansprüche nicht nur Privatpersonen, sondern auch die sog. Juristischen Personen, also eingetragene Vereine, Kapitalgesellschaften und Körperschaften (etwa Kommunen), die als Gewerbetreibende oder Immobilieneigentümer Bergschäden erlitten haben.
Achtung: Weder diese Hinweise noch die Anmeldung selbst bedeuten, dass im jeweiligen Fall auch tatsächlich Ansprüche bestehen! Ob Ansprüche bestehen, ergibt die anschließende Überprüfung. Die Anmeldung bedeutet lediglich eine Absicherung, dass die (nur bei der genannten Fallgruppe) drohende Verjährung, die ansonsten zum Jahresende 2011 einträte, nicht eintritt. Die Anmeldung bedeutet angesichts der zu erwartenden Menge an Eingaben auch nicht, dass danach sofort und überall eine Bearbeitung stattfinden kann. Hier ist also Geduld gefragt.
Erschütterungsbedingter Einbußen an der Wohnqualität
Insbesondere in dem Komplex wegen erschütterungsbedingter Einbußen an der Wohnqualität, die ja begrifflich keine Bergschäden sind (siehe oben!) gibt es zu diesem Jahresende für Sie keinerlei Handlungsbedarf! Ansprüche dieser Art, die aus Erschütterungen bis zum Ende des Jahres 2003 (vielleicht) entstanden sind, sind nämlich ohnehin schon seit Ende 2006 verjährt. Die Stabsstelle konnte schon vor Jahren in Verhandlungen aber erreichen, dass die RAG wegen aller später, also ab 2004 entstandener Ansprüche auf die Verjährungseinrede verzichten wird. … Selbstverständlich kann jeder Erschütterungsbetroffene dennoch auch solche Entschädigungsansprüche vor dem Jahresende anmelden (etwa nach dem Muster von oben, dann allerdings mit der klarstellenden Erweiterung: „Anmeldung von Bergschadensersatz- und Entschädigungsansprüchen gegen Ihr Unternehmen“), aus Verjährungserwägungen zwingend ist dies aber nicht
Kurz nochmals zu diesem Komplex: Bekanntlich hat ein Falscheider Mitbürger durch alle Instanzen hindurch diesen im bergbaulichen Kontext erstmaligen Entschädigungsanspruch eingeklagt. Es geht hier nicht um Bergschäden, sondern um eine Art wohnwertbezogenes „Schmerzensgeld“. Das Urteil des Landgerichts Saarbrücken ist jedoch noch nicht rechtskräftig, weil jede der Parteien nochmals Revision zum Bundesgerichtshof einlegen kann. Falls die Entscheidung wie verkündet oder inhaltlich ähnlich rechtskräftig wird, wird die Stabsstelle in Verbindung mit anderen Fachstellen die Voraussetzungen von Ansprüchen für andere Betroffene gründlich analysieren. Denn erst dann macht es Sinn, die Anspruchsvoraussetzungen und somit den Kreis der Anspruchsberechtigten und schließlich die Höhe des jeweiligen Entschädigungsanspruchs zu ermitteln. Man hat also als Betroffener bei diesen speziellen Entschädigungsansprüchen jede Zeit.
Mehr braucht man zunächst weder zu wissen noch zu veranlassen. Im Übrigen steht die „Stabsstelle Bergschäden“ auch bei individuellen Nachfragen gerne informierend und bei Bedarf auch vermittelnd zur Verfügung.
Markantiler Minderwert
An dieser Stelle für weitergehend Interessierte nur ein paar Hinweise zu einem Fachbegriff, der in letzter Zeit oft bemüht wurde: zu den bergbaubedingten „merkantilen Minderwerten“: Hier handelt es ich um Werteinbußen an Immobilien, die in erheblichem Maße bergbaugeschädigt waren und die trotz ordnungsgemäßer Beseitigung aller sichtbaren Schäden bei einer Veräußerung einen geringeren Erlös einbringen (würden), weil ein Erwerber weitere, nicht erkennbare Schäden vermutet. Lediglich vermutliche Schäden sind nie belegbar. Daher bedarf es gewisser Kriterien, die eine solche Vermutung „rechtfertigen“ in dem Sinne, dass der Geschädigte diese tatsächliche oder erwartbare Erlöseinbuße als zusätzlichen Bergschaden geltend machen kann. Diese Voraussetzung ist nach wie vor eine innerhalb der letzten 5 Jahre (rückgerechnet ab der Forderungsanmeldung) erbrachte Regulierungsleistung auf die sichtbaren Schäden am Gebäude selbst (ohne Außenanlagen) in Gesamthöhe von zumindest 75.000,- € oder von 30 % des Gebäudezeitwerts. Die Schlichtungsstelle an der IHK hat versucht, diese Kriterien zu entschärfen für Objekte, die erheblichen Erschütterungen ausgesetzt waren. Dieser Schlichterspruch ist jedoch Makulatur, da sich die RAG ihm nicht unterworfen hat.
Zum Schluss eine Bitte: Schon an den wenigen und unvermeidbar groben Ausführungen dieser Veröffentlichung erkennt man, dass die Materie in technischer wie juristischer Hinsicht für Laien nicht zu bewältigen ist. Lassen Sie sich daher nicht von anderen Laien „informieren“ und in Unruhe versetzen, sondern hören Sie ausschließlich auf Fachleute, die wegen ihrer Ausbildung, Erfahrung und Neutralität die Gewähr zutreffender Information bieten!
G. Hontheim, Leiter der „Stabsstelle Bergschäden“